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Dienstag, 24. März 2015

Riza Cörtlen Die PARTEI                 Riza Cörtlen: „Die Helden von heute sind die Arschlöcher von morgen.“
© Christian Jäger

Interview mit Riza A. Cörtlen, unserem Kandidaten für den Landesvorsitz der PARTEI

Frage: Herr Cörtlen, Sie kandidieren am 31.3. für die Nachfolge Martin Sonneborns als Landeschef der PARTEI. Was qualifiziert Sie dafür?
R.C.: Bevor ich diese provokante Frage beantworte, möchte ich mich vorab bei meinen Wählern unter den Parteifreunden bedanken und meine Nichtwähler verhöhnen.

Drei Dinge sind es, die mich in erster Linie für diesen Job geeignet erscheinen lassen. Ich bin jünger, ich bin schöner und ich höre die bessere Musik. Reingefallen, das war nur Spaß. Es sind nur zwei Dinge: Erstens, Martin Sonneborn unterstützt meine Kandidatur und zweitens: Es wollte kein Anderer machen. Vom Naturell her bin ich eigentlich eher ruhig und zurückhaltend, wer mich kennt weiß das. Also eigentlich die Nummer eins in der zweiten Reihe. Aber was soll´s.

Frage: Reißen sich die Parteifreunde nicht um diesen Posten?
R.C.: Leider nein. Sonneborn hat die Messlatte recht hoch gehängt, so dass der Landesvorsitz natürlich mit Erwartungen aller Art verknüpft ist. Aber ich bin ja schon länger in der Parteipolitik tätig, so dass ich da keine Probleme sehe, die Sache anzupacken.

Frage: Seit wann machen Sie Parteipolitik?
R.C.: Wenn ich mich recht erinnere, begann ich mich 1988 für Parteipolitik zu interessieren. Davor war ich jahrelang Hausbesetzer, Kreuzberger und gut integrierter Linksradikaler. 1988 war es Zeit für eine Veränderung und ich schloss mich der in Gründung befindlichen KPD/RZ (Kreuzberger Patriotische Demokraten / Realistisches Zentrum) an und zog den Posten des stellvertretenden zweiten Vorsitzenden. Die KPD/RZ verstand sich, genau wie die PARTEI, als eine Partei der extremen Mitte, allerdings mit Schwerpunkt Lokalpolitik. 2000 saß ich für 3 Monate in der Kreuzberger BVV. Die KPD/RZ ging Mitte der 2000er Jahre in den Untergrund und ich blieb hier. 2005 war ich Gründungsmitglied des Berliner Landesverbands der PARTEI. Ich muss Ihnen sicher nicht erzählen, dass die KPD/RZ für den jungen Martin Sonneborn so etwas wie Kultstatus hatte. Sie ist praktisch die Inspiration für die PARTEI-Gründung gewesen und ich kann voller Stolz behaupten, dass die KPD/RZ nie langweilig war, keine zweifelhaften Ideologien vertreten hat und sich bis zum Schluss immer weiter gesteigert hat. Das war auch der Grund für den Gang in den Untergrund. Eine weitere Steigerung war nicht mehr möglich, nachdem wir in die BVV gewählt wurden. Wir begannen 1992 mit der Abnahme der Kreuzberger 1.-Mai-Parade, organisierten unbefristete Hungerstreiks und Lichterketten gegen die fünfstelligen Postleitzahlen. Wir mussten 1994 die 1.-Mai-Demo in Kreuzberg anmelden, da alle relevanten Gruppierungen vor Repressalien zurückschreckten und erfanden die erste Bootsdemonstration in Berlin. Wir waren die Kreuzberger Seite der beliebten Straßenschlachten auf der Oberbaumbrücke und so weiter.

Von der PARTEI war ich anfangs nicht so recht überzeugt. Graue Anzüge sind privat eher nicht so mein Ding. Nachdem ich Martin, Patric Feest und Norbert Gravius von der Titanic persönlich kennengelernt hatte, warf ich meine Bedenken über Bord und war dabei. Jedenfalls bis nach dem Bundestags-Wahlkampf 2005. Ich hatte, wie viele andere auch, das Gefühl wir machen den Wahlkampf allein und Martin ist ständig auf Lesereise oder bei Filmdreharbeiten. Ich glaube, 90% der Berliner Parteikandidaten sind nach diesem Wahlkampf abgehauen. Erst später habe ich eingesehen, dass Martin nur zur Arbeit gegangen ist, wie jeder Andere auch. In den Jahren bis 2013 habe ich dann die PARTEI im Rahmen meiner Möglichkeiten unterstützt, ohne jedoch ständig präsent zu sein. Seit etwa zwei Jahren bin ich wieder regelmäßig bei den Stammtischen in der Admiralstrasse 17. Ich musste die aktuelle Belegschaft erst wieder neu kennenlernen, da aus der ersten Zeit keiner mehr übrig war. Mittlerweile weiß ich sogar einige Namen auswendig.

Frage: Wie wird sich die PARTEI unter Ihrer Führung entwickeln, wird es Veränderungen geben und was sind Ihre Pläne?
R.C.: Donnerwetter, eine Dreifachfrage. Ich möchte kein Geheimnis aus meinen Absichten machen. Mein Primärziel ist, bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl, berlinweit auf über ein Prozent zu kommen. Mit der dann zu erwartenden Wahlkampfkostenrückerstattung kann man Notleidende Landesverbände unterstützen und dufte Parties feiern. Ich setze auf den Einsatz prominenter Strohmänner als Bürgermeisterkandidaten. Solche Gestalten wie Kurt Krömer zum Beispiel können im Wahlkampf Wunder wirken. Da brauchen wir mit PARTEI-Personal, das kein Berliner kennt, erst gar nicht anfangen. Ich denke, da lässt sich jemand finden, der sowohl beliebt als auch PARTEI-verträglich ist. Da wir eine junge Partei sind, muss natürlich auch ein (relativ) junges Gesicht her. Bela B. dürfte mittlerweile zu alt sein, der ist ja älter als ich und irgendwo muss ja mal Schluss sein.

Für mich persönlich sehe ich eine goldene Zukunft im Kreuzberger Rathaus. Die Ortsverbände der PARTEI sollen reaktiviert und gestärkt werden. Bei dem kommenden Landes-PARTEI-Tag legen wir den Grundstein für diese Maßnahme. In Nicht-Wahlkampfzeiten soll die PARTEI wenigstens zwei mal im Jahr deutlich in der Öffentlichkeit sichtbar werden. Und damit meine ich nicht facebook. Wir werden öfter bei Konzerten auftauchen und die Jugend für unsere Ziele motivieren. Politik + Kultur = Politur. Ein altes Erfolgsrezept der KPD/RZ übrigens, genau wie die in Wahlkampfzeiten durchgeführten „Trinker fragen, Politiker antworten“ Kleinveranstaltungen. Wir werden haufenweise Flugblätter produzieren, die nicht an bestimmte Ereignisse gebunden und dadurch ganzjährig verteilbar sind.

Natürlich muss auch der innerparteiliche Zusammenhalt gefestigt werden. Ich werde verhindern, dass sich fremde, möglicherweise sogar undemokratische Ideologien in die PARTEI einschleichen und so dem hohen Ansehen der PARTEI schaden können. Derlei Auswüchse werde ich konsequent unterbinden. Natürlich werde ich ein gerechter Vorsitzender sein. Eine Autorität, die man um Rat fragt, wenn ein Sachverhalt schwer einzuordnen ist. Für bestimmte Notwendigkeiten werde ich einen internen Ethikrat einsetzen, der auf die Einhaltung der PARTEI-Linie achtet. Damit nicht der geringste Verdacht aufkommt, hier arbeitet ein Diktator. Der Landesverband Berlin muss sich natürlich weiterentwickeln, fort vom Martin-Sonneborn-Fanclub hin zu einem mächtigen Werkzeug zur Unterstützung des Bundesvorstandes bei der Durchsetzung der PARTEI-Ziele. Ich will auch dafür Sorge tragen, dass die Landesvorsitzenden sich in Zukunft regelmäßig treffen und in Zusammenarbeit mit der Bundespartei neue Themenfelder erschließen. Ich bin sicher, man kann voneinander eine Menge lernen. Man darf nicht vergessen, dass der Berliner Landesverband praktisch ohne Führung dasteht. Ich werde wieder mehr Struktur in die Organisation bringen und die Motivation der PARTEI-Freunde erhöhen. Ich kann nicht akzeptieren, dass Jungmitglieder nach wenigen Monaten wieder abspringen weil sie keinen rechten Anschluss finden oder ältere Mitglieder dies tun, weil sie den Spaß verlieren. Hier ist einiges zu optimieren. In anderen Landesverbänden soll es sogar Abspaltungen gegeben haben. So etwas wird in Berlin nicht passieren.

Frage: Was würden Sie als ihre Fehler oder Schwächen bezeichnen?
R.C.: Als Kandidat für den Vorsitz besitze ich keine Schwächen. Wenn ich lange nachdenke: Der graue Parteianzug. Ich fand ihn immer Scheiße. Mittlerweile muss ich aber zugeben, dass der billige Anzug ein wichtiges Mittel seriöser Politik ist. Ich distanziere mich hiermit von allen Fotos, auf denen ich als einer der wenigen keinen Anzug trage. Nur wenn ihn alle tragen, entfaltet er seine volle Wirkung. Primitive Individualität ist hier völlig Fehl am Platze, das habe ich nun begriffen. Aus persönlichen Gründen trage ich aber kein Polyestermodell.

Frage: Welchem Flügel der PARTEI neigen Sie zu?
R.C.: Zweifellos dem Sonneborn-Retro-Flügel. Ich bin also eher ein kompromissloser Verfechter demokratischer Einsatzmittel. Die Ablehnung der von Trunksucht und Geschlechtskrankheiten gezeichneten Backpfeifengesichter der herkömmlichen Altparteien bestimmt mein Denken und Handeln. Für mich besteht kein nennenswerter Unterschied zwischen „die Linke“ und der „AfD“. Das sind zwei Seiten der gleichen Medaille und ich habe schon in frühester Jugend aufgehört Politikern anderer Parteien ein Wort zu glauben. Es gibt einige wenige Ausnahmen, die die Anforderungen an ein menschliches Wesen erfüllen. Sahra Wagenknecht vielleicht oder Christian Ströbele, zwei von Tausenden. Und der eine Nazi von der CDU, dessen Name ich leider vergessen habe. Der sagt zwar gern was er denkt, dummerweise bin ich nie seiner Meinung. Egal. Sie haben schon verstanden, ich koaliere nicht.

Frage: Haben Sie Feinde in der PARTEI?
R.C.: Noch nicht. Vielleicht am 1. April.